* 13. April 1934
† 27. August 2021
von Ulrike Liedtke
Essay
Die Variationen für Klavier (1957), Matthusʼ erste gültige Komposition, entstanden unter der Mentorschaft von Rudolf Wagner-Régeny. An improvisatorische Erfahrungen aus gemeinsam mit seinem Vater praktizierter Tanzmusik anknüpfend, variierte Matthus hier ein zwölftöniges Lento-Thema in sieben stilisierten Tänzen. Auch in der kurz darauf komponierten Fuge für Klavier (1957) oder in der Invention für Klavier (1958) nutzt Matthus konsequent Zwölftontechnik, ohne daß er von nun an ständig mit ihr gearbeitet hätte. Noch 1957 vertonte er in traditioneller Funktionsharmonik die lustig-frivole Ballade Die spröde Venezianerin für Gesang und Klavier (orch. 1961) und griff asiatisches Klangkolorit in der Yangtse-Ballade auf. Matthus setzte eigene Hörerfahrungen unterschiedlicher Kompositionsverfahren selektiv ein; Text und Genre entschieden über die Wahl der musikalischen Mittel. Diese ersten Kompositionen und einige Eislers Vorbild folgende Songs legte Matthus dann seinem Kompositionslehrer Hanns Eisler vor. In den zwei Jahren als Meisterschüler bei Eisler entstanden ein mehrfach umgearbeitetes und schließlich beiseite gelegtes Konzertstück für Klavier und Orchester (1959), die bildhafte Vertonung der Zwölf Gesänge nach Motiven latein- und nordamerikanischer Negerdichtung (1959; orch. 1960) und die opernnahe Kantate Grigorsk 42 (1960). Die Ambivalenz von Gefühlen wird in der Kantate zum Gegenstand musikalischer Darstellung: Im Jahr 1942 verdrängt ...